Religionssensible Erziehung und Bildung

Haltung – Geschichte – Netzwerk – Formate
 

Unser Selbstverständnis im JPI
Wir sehen uns als Koordinierungs- und Vernetzungsstelle für Religionssensible Erziehung und Bildung (RSE) im deutschsprachigen Raum. 
Dabei verstehen wir unsere Rolle nicht als „reines Lehrinstitut“ für Fachkräfte, sondern als Rahmengeber: 
Wir ermöglichen Austausch, setzen Impulse und schaffen Gelegenheiten zur kollegialen Weiterentwicklung – auf Augenhöhe, praxisnah und dialogisch – im Feld der RSE.
Unsere Angebote entstehen entlang der Erfahrungen, Bedarfe und Kontexte – stets in Kooperation.
 


Für alle, die junge Menschen befähigen wollen, in einer pluralen Gesellschaft respektvoll und kompetent mit religiöser Vielfalt umzugehen und sie sprach- und dialogfähig zu machen.

Für alle, die eine persönliche und soziale Entwicklung von Kindern und Jugendlichen begleiten und junge Menschen in ihrer Lebensfähigkeit und Identitätsfindung unterstützen wollen.

Für alle, die ihre Haltung und das JA zu einer ganzheitlichen Erziehung und Bildung junger Menschen gestalten wollen und dabei deren Entwicklungsaufgaben und Lernfelder auf dem Weg des Erwachsenwerdens im Blick haben.
 


Dabei profitieren Fachkräfte der Sozialen Arbeit, (Religions-)Pädagogik, Theologie, Medizin, Psychologie, Lehre und anderer verwandter Disziplinen - unabhängig einer gegebenenfalls konfessionellen Ausrichtung eines Trägers - bei der Begegnung und Begleitung ihrer Adressat:innen im Arbeitsfeld von der RSE als grundlegender Haltung.

Doch auch alle Personen außerhalb des professionellen Jugendhilfe-/Jugend(sozial)arbeits-Kontext (Ehrenamt, Familie, Patenschaft, usw.), die Kinder und Jugendliche begleiten, erziehen und fördern, sollen sich angesprochen fühlen.

Bspw. in folgenden Bereichen:

  • Jugendhilfe & (Jugend-)Sozialarbeit
  • Schule & Ganztag
  • Pastoral & Jugendarbeit
  • Kitas, Familienhilfe, Übergangssysteme u.v.m.
  • Kern- und Großfamilie (Eltern, Bezugspersonen und Erziehende – generationsübergreifend)
  • Ehrenamtliche, Vereinsarbeit, Laien, usw., die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten
  • Religionssensible Erziehung und Bildung (RSE) ist Teil gelingender Lebensbegleitung und ein pädagogischer Ansatz, der junge Menschen in ihrer Identitäts- und Sinnsuche offen und ganzheitlich begleitet.
  • Sie ist kein Zusatzangebot, sondern versteht sich als Teil der allgemeinen Erziehung. Der Mensch wird in den Fokus gerückt und religiösen Biografien sowie den spirituellen Bedürfnissen respektvoll, wertschätzend und sensibel begegnet. Sie regt dazu an, sich mit Fragen nach Sinn, Spiritualität, Glauben und Werten auseinanderzusetzen und erkennt dabei an, dass diese Fragen nicht nur für viele junge Menschen relevant sind, sondern auch zu ihren wichtigen Lern- und Entwicklungsaufgaben zählen.
  • Religionssensibilität ist keine festgelegte Fähigkeit, sondern ein dynamischer, lebenslanger Lernprozess und eine grundlegende Haltung. Sie zeigt sich in der Fähigkeit zur Selbstreflexion, in einem differenzbewussten, respektvollen Umgang und im Mut, sich auf Unsicherheiten einzulassen – für die jungen Menschen, mit denen wir arbeiten und die wir auf dem Weg zu ihrem gelingenden Leben begleiten.

 


 Zentral ist dabei die Orientierung am dreistufigen Religionsbegriff und den fünf Grundsätzen der RSE:

Die aufgeführte Abbildung verdeutlicht die Beziehung der drei Ebenen untereinander visuell. Es gilt die Ebenen einerseits zu unterscheiden, um jungen Menschen offen, urteilsfrei und wertschätzend zu begegnen – unabhängig von ihrer (und/oder der eigenen) religiösen oder weltanschaulichen Prägung - und sie zugleich nicht trennscharf voneinander abzugrenzen.

 

Viel eher sollten sie miteinander verbunden, aufeinander bezogen und entstehende Synergien reflektiert werden. Dabei handelt es sich nicht um ein Stufenmodell mit einem festgelegten Weg oder Ziel, sondern um ein offenes Spektrum möglicher Zugänge, Verortungen und Dialogräume. So umfasst etwa die Ebene des Existenzglaubens – also Fragen nach Sinn und Lebensdeutung – sowohl den Glauben an etwas Größeres oder Spirituelles (Transzendenz-/Gottesglaube) als auch die konkrete konfessionelle Zugehörigkeit (Religion im engeren Sinne). Dies bildet eine wichtige Grundlage und eröffnet niedrigschwellige Anknüpfpunkte für weiteres religionssensibles Handeln in der allgemeinen Erziehung. 

RSE...

... ist zugänglich für alle (Fachkräfte) – unabhängig von Religionszugehörigkeit oder theologischen Vorkenntnissen .

... erkennt religiöse Vielfalt junger Menschen an – in konfessionellen und nicht-konfessionellen Settings/Einrichtungen.

... ermutigt, Religion als einen positiven Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung und Lebensbewältigung (Resilienzfaktor) ins Spiel zu bringen.

Weiterführende Infos zu diesen Inhalten und den 5 Grundsätzen finden Sie in folgender Literatur:

  1. Angelika Gabriel, Martin Lechner Religionssensible Erziehung Benediktbeurer Beiträge zur Jugendpastoral Band 6 
  2. Angelika Gabriel, Martin Lechner Brenn-Punkte Religionssensible Erziehung in der Praxis 

Viele erziehende Personen stellen sich die Frage, was sie eigentlich mitbringen müssen, um religionssensibel erziehen zu können. Häufig entspringt diese Frage einer Unsicherheit oder gefühlten Überforderung – verbunden mit der Sorge, der Herausforderung nicht gewachsen zu sein.

Diese Sorge ist unbegründet: Religionssensible Erziehung (RSE) setzt keine tiefgreifenden theologischen Vorkenntnisse voraus. Viel entscheidender sind grundlegendes Interesse, Offenheit und Respekt gegenüber Religionen und insbesondere gegenüber den religiösen Fragen, Bedürfnissen und Erfahrungen junger Menschen.

Religionssensibilität ermöglicht es, die Lebensrealitäten von Kindern und Jugendlichen wahrzunehmen und in pädagogischen Prozessen aufzugreifen.

Voraussetzungen für eine gelingende religionssensible Erziehung

Trotz des niederschwelligen Einstiegs gibt es einige grundlegende Voraussetzungen, die für eine gelingende RSE unverzichtbar sind:


1. Pädagogische Kompetenzen

- Verständnis für die Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen
- Didaktisches und methodisches Wissen für alters-, entwicklungs- und themengerechte Vermittlung
- Kreativität im Umgang mit religiösen Themen

Diese Kompetenzen schaffen die Basis für ein wertschätzendes Miteinander. Kinder und Jugendliche fühlen sich ernst genommen, was ihnen wiederum ermöglicht, sich zu öffnen und eine vertrauensvolle Beziehung zur erziehenden Person aufzubauen.


 

2. Beziehungsfähigkeit


Beziehung ist zentral. Sie bildet nicht nur die Grundlage für religiöses Lernen, sondern ist selbst ein Ort religiöser Erfahrung.
Deshalb sind Einfühlungsvermögen, Offenheit und Kommunikationsfähigkeit essenziell. 
Die erziehende Person sollte, auch in schwierigen Situationen, gelassen, respektvoll und handlungsfähig bleiben.

 


 
3. Personale Kompetenz

Religionssensible Erziehung erfordert auch die Bereitschaft zur Selbstreflexion. Dazu gehört:

- Auseinandersetzung mit der eigenen Religiosität oder Spiritualität
- Bewusstsein für eigene Grundannahmen, Werte und Orientierungsmuster

Dies bildet das Fundament für gemeinsame Wahrnehmungs- und Deutungsprozesse mit Kindern und Jugendlichen – insbesondere dann, wenn sie mit existenziellen Fragen oder Krisen konfrontiert sind (z. B. Krankheit, Tod, Ungerechtigkeit). Es gilt, nicht in sprachloser Neutralität zu verharren, sondern sich einfühlsam und unterstützend zu positionieren – etwa indem Glaube und Spiritualität als Ressource erkennbar gemacht werden.

➔ Die Fülle an Anforderungen mag auf den ersten Blick herausfordernd wirken, doch niemand muss bereits „alles können“, um religionssensibel zu erziehen.  Entscheidend ist der erste Schritt: Der Mut, sich auf RSE einzulassen und die persönliche Bereitschaft.

Die RSE hat ihre Wurzeln im Jugendpastoralinstitut Don Bosco (JPI)

Anfang der 2000er Jahre wurde im JPI das Forschungsprojekt „Religion in der Jugendhilfe“ (2005-2008) unter der Leitung von Prof. Dr. Martin Lechner und Angelika Gabriel für soziale Berufe entwickelt und verdeutlichte: Junge Menschen haben spirituelle Bedürfnisse und pädagogische Fachkräfte brauchen Handlungssicherheit im Umgang mit religiöser Vielfalt.
Vorgefunden wurde eine Gesellschaft geprägt von wachsender religiöser Vielfalt. Das betrifft damals wie heute nicht nur die jungen Menschen in der Jugendhilfe, sondern auch die Fachkräfte selbst. Religion und Spiritualität zeigen sich in vielfältigen, individuellen Formen, oft jenseits klassischer religiöser Zugehörigkeiten. Die Lebensrealitäten der Adressat:innen und der pädagogischen Fachkräfte sind plural und komplex – und genau darin liegt eine zentrale Herausforderung für die Jugendhilfe.


Ausgangslage: Religiöse Pluralität wurde kaum berücksichtigt

Untersucht wurde, wie mit dieser religiösen Pluralität in der Praxis umgegangen wird. Die Ergebnisse zeigten: Trotz der zunehmenden Vielfalt wird Religion im Einrichtungskontext wenig oder gar nicht - insbesondere in konfessionell gebundenen Einrichtungen weiterhin aus einer einseitigen Perspektive - behandelt. 
An konfessionszentrierten Erziehungskonzepten festhalten und/oder andere religiöse Bezüge der jungen Menschen kaum berücksichtigen: Das führt zu Spannungsfeldern, besonders wenn Fachkräfte versuchen, den religiösen Bildungsauftrag der Einrichtung mit ihren eigenen Überzeugungen zu vereinbaren. Die bisherigen Konzepte reichten nicht aus, um diesen Herausforderungen gerecht zu werden.


Orientierung am Menschen, seiner Hoffnung und Lebensrealität

Das Forschungsprojekt greift die zentralen Anliegen und Pädagogik der Salesianer Don Boscos auf: das Leben junger Menschen zu fördern, deren Biografien oft von Brüchen, Ausgrenzung und Benachteiligung geprägt sind und dennoch Hoffnung in sich tragen, „damit das Leben junger Menschen gelingt.“

Die Forschung verfolgte konsequent einen anthropozentrischen Ansatz: die neue Konzeption rückte die jungen Menschen mit ihrer Lebensrealität, ihren Fragen und ihrer religiösen Identität bewusst in den Fokus.
So entstand ein religionspädagogischer (-> religionssensibler!) Ansatz, der nicht exklusiv ist, sondern inklusiv, offen und anschlussfähig für alle Formen von Religiosität und Spiritualität. Diese Blickrichtung erkennt Religion nicht nur als Glaubenssystem, sondern auch als Resilienzfaktor an, der jungen Menschen Orientierung, Halt, Identität und Hoffnung geben kann.
 

Ziel: Eine religionssensible Pädagogik als Teil professioneller Erziehung

Das zentrale Anliegen: eine in die allgemeine Erziehungsarbeit integrierte Religionspädagogik für Sozialberufe. Religion und religiöse Erziehung sollten nicht als Zusatz oder Sonderfall verstanden werden, sondern als selbstverständlicher, essenzieller Bestandteil professioneller pädagogischer Praxis - unabhängig von der eigenen religiösen Prägung der Fachkräfte (oder eines Trägers).

➔ Seither ist das JPI die inhaltliche Heimat und Weiterentwicklungsstelle der RSE. Wir tragen diesen Ansatz nicht nur aus Tradition, sondern aus tiefem fachlichem und gesellschaftlichem Anliegen weiter. Denn: Eine werteorientierte, religionssensible Haltung ist angesichts gesellschaftlicher Pluralität und digitaler Umbrüche aktueller denn je.

Unsere aktuellen Formate und Austauschmodi

Um RSE lebendig zu halten und weiterzuentwickeln, bieten wir verschiedene Formate und Austauschmöglichkeiten an:


 🧭 Jährliches Vernetzungstreffen

·         Im Frühjahr an wechselnden Orten (z. B. Benediktbeuern, Würzburg, München, …)
·         Fachlicher Fokus mit wechselndem Schwerpunkt-/Jahresthema
·         Kombination aus Inputs, Praxisbeispielen, Methoden, kollegialer Beratung
·         Bspw. Thema (2025): RSE digital?! - Sinnsuche im digitalen Raum
 
💻 Digitale Austauschtreffen (via Zoom)

·         Zwei Mal jährlich
·         Netzwerk zum weiteren Austausch zu aktuellen Fragestellungen und Praxisimpulsen
·         Teilnahme offen für alle Interessierten – Anmeldung über das JPI-Sekretariat     

📌 Interne digitale Plattform (Padlet)

·         Für Infos, Methoden, Impulse, Materialien & Vernetzung
·         Offenes Netzwerk für bestehende und neue Partner:innen
·         Pflege und regelmäßige Impulse durch das JPI 

🧩 Individuelle Formate auf Anfrage

Unsere Bildungsreferent:innen sind jederzeit ansprechbar für:


·         Einführungstage und Schulungen zur RSE
·         Workshops zu Haltung, Religion und Jugendkultur
·         Impulsvorträge und Inhouse-Fortbildungen
·         Begleitung bei Konzeptionsentwicklung oder Prozessmoderation


Sprechen Sie uns einfach an – wir entwickeln mit Ihnen gemeinsam passgenaue Angebote.
 

Kontakt & Teilnahme 

Egal ob Sie neu im Thema sind oder schon Teil des Netzwerks: 
Sie sind herzlich eingeladen, mit uns gemeinsam weiterzudenken und Religion & Spiritualität als Kraftquelle für junge Menschen ernst zu nehmen, unabhängig davon, welcher Tradition diese entstammt.
Ziel ist es, religiöse Bildung nicht einzuengen, sondern zu ermöglichen – im Sinne eines erfüllten, widerstandsfähigen und hoffnungsvollen Lebens.

Die RSE lebt von vielfältigen Praxisbezügen. Gestalten Sie mit und übertragen Sie RSE bewusst in Ihre eigene Praxis.

📆 Aktuelle Termine finden Sie in unserem Veranstaltungskalender

📧 Anmeldung zu Zoom-Treffen & weitere Infos über das JPI-Sekretariat


RSE bleibt im JPI verortet – aus Überzeugung!
Wir freuen uns, wenn Sie Teil dieses Netzwerks sind oder werden.